Sand – Wolfgang Herrndorf

2. März 2015 § 4 Kommentare

Erster Impuls nach dem Lesen des letzten Satzes: So, und jetzt noch mal von vorne anfangen, um dieses Mal alle Querverweise, Protagonisten und Schauplätze klarzukriegen. Da ich das aber nie mache, muss ich wohl auf den Re-Read in ein paar Jahren hoffen. Und in der Zwischenzeit tue ich gar nicht so, als hätte ich dieses Buch WIRKLICH verstanden.

Aber ich versuche mich trotzdem mal an einer Handlungszusammenfassung. Wir befinden uns in den 1970er Jahren irgendwo in Nordafrika, das Setting involviert viel Wüste – klar, der titelgebende Sand. Wahrscheinlich ist da noch eine Metaebene drin. Jedenfalls gibt es so viele (kleine) parallelen Handlungsstränge, dass ich mal eher eine stichwortartige Zusammenfassung versuche. Es gibt einen verwirrten Mann, der sich weder an seinen Namen noch an irgendein anderes Detail aus einem Leben erinnert. Durch unangenehme Begegnungen weiß er nur, dass einige äußerst brutale Männer hinter ihm her sind – oder viel eher hinter etwas, der er hat oder hatte oder haben könnte. Und dann ist da noch die schöne Helen (nomen est omen oder was?), die sich um den Namenlosen kümmert. Helen behauptet, eine Kosmetikvertreterin zu sein, der dummerweise ihr Musterkoffer auf der Anreise verschütt gegangen sei und die deswegen keinen Beweis für ihre Tätigkeit vorweisen könne. Nun müsse sie auf Ersatz warten, und das dauere. Nur ist Helen überraschenderweise versiert in Nahkampftechniken und sonstigen Praktiken, die Kosmetikverkäuferinnen in der Regel nicht beherrschen. Außerdem gibt es noch eine Wüstenkommune voller Aussteiger, in der vor Kurzem ein Mord passiert ist, ein paar mehr oder wenige fähige Polizisten, einige Tötungsdelikte in der Wüste und immer wieder verschiedene Leute, die irgendetwas von dem Namenlosen wissen wollen – wie alles zusammenhängt, erschloss sich mir erst zum Schluss, weswegen ich über weite Strecken recht planlos war.

Ich fürchte, ich habe dieses Buch wohl einfach unterschätzt. Jedenfalls las ich so fröhlich vor mich hin und habe es auch tatsächlich genossen, aber wohl wirklich nur die Hälfte aller Verweise und Anspielungen zu deuten gewusst. Vielleicht ist mir da wirklich eine fundamentale Deutungsebene entgangen? Gegen Ende fiel zwar das ein oder andere Puzzleteilchen auf seinen Platz und ich begann, die Zusammenhänge zu verstehen, aber den 100%igen Durchblick hatte ich bis zuletzt nicht.

Ich sags mal so: Grundsätzlich ist es ein Qualitätsmerkmal, wenn eine Geschichte vielschichtig und mit Querverweisen, Anspielungen und doppelten Böden konstruiert ist, so dass sie der Leserin auch etwas abverlangt. Also: Lest und entscheidet selbst!

§ 4 Antworten auf Sand – Wolfgang Herrndorf

  • mickzwo sagt:

    Ich habe diesen Titel gelesen. Und es fällt mit heute noch schwer, damit Frieden zu schließen. Eher ließ es mich ratlos zurück.

    https://allesmitlinks.wordpress.com/2012/06/03/sand-2/

  • Anke sagt:

    Das ging mir ganz genau so. Es gibt wohl aufmerksamere Leser, die unsere etwas ratlosen Rezensionen nicht verstehen. Aber auch ich muss irgendwann nochmal an das Buch.
    http://cookreadsew.blogspot.de/2012/08/wolfgang-herrndorf-sand.html

  • Julia sagt:

    Jedenfalls eine interessante Rezension hast du dazu geschrieben!

  • Julia sagt:

    Der Link des einen Kommentators bei dir ist leider in der Zwischenzeit tot, aber ich glaube auch, dass die meisten Zusammenhänge offen daliegen – wahrscheinlich aber irgendwann auch nur mal in einem Nebensatz oder als Umschreibung auftauchen. Da sollten wir nicht zu streng mit uns selbst sein, finde ich. 😉
    Solche Bücher sind wirklich spannend, das war ja auch dein Fazit, aber vielleicht auch nur was für Zeiten, in denen man die Ruhe hat, um auch mal zurückzublättern oder bestimmte Abschnitte mehrmals zu lesen.

Hinterlasse einen Kommentar

Was ist das?

Du liest momentan Sand – Wolfgang Herrndorf auf Besser lesen.

Meta